Stuttgarter Buchhandelsrunde
Stuttgarter Buchhandelsrunde vom 08.07.25 - Stephanie Lange im Gespräch mit Ellen Braun
Hier das zusammengefasste Gespräch nochmal zum Nachlesen:
Stephanie: Was hat sich deiner Meinung nach „gewandelt“? Und hört das irgendwann wieder auf?
Ellen: Der Wandel ist Dauerzustand. Digitalisierung, verändertes Leseverhalten, demografischer Wandel und massive wirtschaftliche Belastungen sorgen für eine Transformation, die nicht linear verläuft – sondern in Wellen. Transformation hört nicht auf – aber sie lässt sich gestalten, wenn man sie als Lernreise begreift.
Stephanie: Warum gerät der buchhändlerische Mittelstand wirtschaftlich unter Druck? Und welche Skills braucht es?
Ellen: Weil Margen sinken, Kosten steigen und Sichtbarkeit schwindet. Die Konkurrenz durch Plattformen ist massiv – und viele Buchhandlungen wirtschaften mit sehr begrenzten Ressourcen.
Fünf Skills: unternehmerisches Denken, Lernkompetenz, z.B. zum Community-Aufbau mit den Kunden, Digitalisierungskompetenz, User Experience – und Mut zur Klarheit in Sortiment und Positionierung.
Stephanie: „Hochleistung und Menschlichkeit schließen sich nicht aus!“ – was meinst du damit?
Ellen: Das ist mein Credo für Führung und Kundenbeziehung. Hochleistung entsteht dort, wo Vertrauen, Wertschätzung und Sinn spürbar sind, also psychologische Sicherheit. Menschlichkeit ist kein „Soft Skill“, sondern die Voraussetzung für Resilienz – intern wie extern. Gerade Buchhandlungen leben von persönlicher Beziehung – das ist eine Stärke, kein Kostenfaktor.
Stephanie: Ist für dich immer klar, welche Strategie ein Handelsunternehmen verfolgt?
Ellen: Viele agieren aus dem Bauch heraus oder „weil wir das schon immer so gemacht haben“. Die WHY-oder Wozu-Frage – „Wozu tun wir, was wir tun?“ – wird oft übersprungen. Dabei ist sie der strategische Dreh- und Angelpunkt für Positionierung, Sortiment, Events, Teamarbeit und Partnerschaften. Hier hilft der externe Blick einer Begleitung, der möglich ist durch die Fördermittel des Landesverbandes Baden-Württemberg.
Stephanie: „Was lasse ich weg?“ – ist das für dich gleich wichtig wie „Was tue ich?“
Ellen: Absolut. In einer Welt der Überforderung ist Weglassen ein Akt strategischer Klarheit. Weniger ist mehr: fokussiertes Sortiment, klare Zielgruppenansprache, keine Eventitis. Wer alles für alle sein will, bleibt blass.
Stephanie: Warum ist die Analyse von Strategie, Zielgruppen und Handlungsfeldern dein Startpunkt?
Ellen: Jede Buchhandlung ist einzigartig – in Geschichte, Standort, Team und Kundschaft. Eine fundierte Analyse schafft Orientierung und bildet die Basis für wirksame Veränderung. Ohne Analyse ist Transformation nur Aktionismus.
Stephanie: Welche Handlungsfelder bearbeitest du mit Kund:innen? Welche Rolle spielen regionale und demografische Faktoren?
Ellen: Zentrale Handlungsfelder sind Community-Aufbau, Digitalisierung der Prozesse, Steigerung der Produktivität und Lernkultur im Team mit psychologischer Sicherheit
Regionale Unterschiede und demografische Dynamiken sind entscheidend: Was in der Unistadt funktioniert, passt nicht automatisch ins Mittelzentrum mit alternder Bevölkerung.
Stephanie: Welche Bedeutung hat Personalentwicklung für dich?
Ellen: Personal ist der Engpass Nr. 1 – Recruiting, Entwicklung, Wissenstransfer. Gerade im Generationenwechsel ist Führungskompetenz gefragt. Mit klugem Onboarding, partizipativer Führung und einem systemischen Blick auf Rollenverteilung entsteht Bindung – und echte Entwicklung.
Stephanie: Wie nutzen Buchhandlungen die Fördermittel des Landesverbandes?
Ellen: für Teamcoaching und Führung, Moderation von Nachfolgeprozessen, Neupositionierungen oder Umpositionierungen, Wirtschaftlichkeitsberechnungen, strategische Fragestellungen. Manche nutzen die Fördermittel auch zum Kennenlernen und dann ergeben sich ganz andere gemeinsame Arbeitsfelder daraus, wie z.B. den KI-Lernpfad. In 2026 wird das Thema Persönliches Knowledgemanagement ganz oben auf der Agenda stehen, wie bereits mehrfach gewünscht.
Vielen Dank, liebe Stephanie und lieber Tom für das Gespräch.